Im Rahmen meiner Sendung “AIDAradio Prime Time Show” interviewe ich beinahe täglich aktive oder ehemalige Crew Mitglieder von AIDA Cruises. Vielen von Ihnen bin ich an Bord begegnet und wir sind “gemeinsam gefahren”, wie wir so schön sagen. In meinen Vorträgen als Redner kommen diese ehemaligen Kollegen immer wieder vor.
Andere Kollegen kenne ich beispielsweise von meinem Casting oder meiner Einarbeitung in Hamburg oder daher, weil sie von Landseite aus für mich und die anderen Entertainment Manager verantwortlich waren. Diejenigen die in Hamburg oder in Rostock in den jeweiligen Offices arbeiten, sind meist ehemalige Crewmitglieder, die sich dann irgendwann entschieden haben, wieder ins “normale” Leben zurückzukehren. So wie ich mich 2019 ebenfalls entschieden habe, den Anker zu werfen.
Kürzlich habe ich mit einem Kollegen gesprochen, der an Bord angefangen, dann an Land gearbeitet hat und nun wieder als aktiver Seefahrer unterwegs ist. Im Interview habe ich ihn gefragt, warum er wieder zurück an Bord ist. Seine Antwort hat mich wenig überrascht, denn vielen von uns Ehemaligen geht es auch so: “Das Leben an Bord, Teil der Crew zu sein und die schönsten Orte dieser Welt zu entdecken – das ist einfach ein unfassbar schönes Leben. Und dann noch der Zusammenhalt, der innerhalb der Crew-Familie herrscht – einfach unbezahlbar.”
Ich gebe zu – ich ertappe mich auch immer wieder dabei, wie ich in Erinnerungen schwelge. Auch über drei Jahre nach meinem letzten Einsatz, sind die Emotionen und Gefühle, die ich damit verbinde, extrem stark. Die Zeit an Bord prägt jeden! Wenn mich Menschen fragen, wie ich über meine Zeit denke, dann sage ich: “Es war die prägendste Zeit meines Lebens. Und die kann mir keiner nehmen.” Es ist so: Einmal Seefahrer – immer Seefahrer.
Ein anderer Kollege, der mittlerweile in seinem aktuellen Job groß im Geschäft ist, der wirkte im Interview total versonnen, als er an seine aktive Zeit an Bord zurückgedacht hat. Die Worte sind nur aus ihm herausgesprudelt. Diese Begeisterung ist bei den meisten Ehemaligen nach wie vor da. Und das ist gut so.
Es gibt viele Gründe, warum Seefahrer irgendwann den Anker werfen. Eine eigene Familie, ein toller Job, wieder mehr Zeit zu Hause verbringen oder auch einfach mal wieder Karten für ein Konzert kaufen, das erst in einem halben Jahr stattfindet. Das war während meiner aktiven Zeit nicht möglich, weil ja immer etwas sein konnte. Ein Einsatz der sich verschiebt oder Einspringen für einen Kollegen oder das Angebot eine Route zu fahren, die schon lange auf der Liste stand.
Auch wenn ich die Zeit an Bord vermisse – nichts ist wertvoller als die Zeit, die ich mit meinem Sohn verbringe. Das Schöne ist aber, dass ich aus einem ungemein großen Erfahrungsschatz schöpfen kann. Ich habe immer etwas zu erzählen, was im Mai 2022 sogar darin gipfelte, dass ich mein eigenes Buch veröffentlicht habe – Alle in einem Boot – Was Führungskräfte von Seefahrern lernen können. Mittlerweile stehe ich als Redner auf Bühnen und kann mit Vorträgen Menschen begeistern. Egal ob es darum geht, Veränderungen im eigenen Leben anzustoßen – man ist nie zu alt für Veränderungen. Oder wenn es darum geht, Führungskräfte darin zu inspirieren, ihre Mitarbeiter zu motivieren.
Mein Slogan ist: Menschen begeistern ist einfach. Das tun zu dürfen, ist ein Privileg und ich mache das deswegen so gern, weil ich bei jedem Vortrag die Situationen und Emotionen nicht nur vor Augen habe, sondern noch einmal durchleben darf. Das ist unbezahlbar und dafür bin ich sehr sehr dankbar. (tj)